An dieser Stelle das Sammelbecken für Texte, die ich im Blog
veröffentlichen will, die sich aber keinem eigenen, übergeordneten
Projekt zuordnen lassen.
Den Beginn mache ich mit einem eben verfassten Gedicht passend zur Vorweihnachtszeit 2011.
Geschrieben habe ich den Text, während des Lesens eines Artikels aus der Financial Times Deutschland (FTD) zum sogenannten "Dreifach-Mega-Rettungsschirm für den Euro". Ein herrliches Wort, Dreifach-Mega-Rettungsschirm, - so schön wie, z.B. Lernäische Hydra!
Zudem wurde zeitgleich verschämt leise bekannt, dass es in Europa wohl doch keine Gläubigerbeteiligung der Banken
in dieser Krise mehr geben wird, wie bisher stolz behauptet ... denn
wer sonst sollte dann weiter wie gewünscht marode Staatsanleihen in
großem Stil aufkaufen, als eben diese maroden Banken! Damit hatte die Occupy Wallstreet Bewegung wohl auch in diesem Kritikpunkt recht: Ganz egal wie es läuft - die Banken sollen geschont werden.
Doch auch hier eine kurze Erläuterung: Mit diesem Gedicht habe ich den Hauptpreis im Jungautorenwettbewerb
Nordbayern 1997 gewonnen, der von den Nürnberger Kulturläden in
Zusammenarbeit mit dem Verein Deutscher Schriftsteller Nordbayern
jährlich ausgelobt wird.
Entstanden ist das Gedicht am 13.10.1996. Lange her. ;-) Aber da es vermutlich wirklich eines meiner besseren Gedichte aus den 1990er Jahren ist und es für mich eine wichtige gedankliche Marke in der Auseinandersetzung mit den Anfängen des World Wide Web darstellt, möchte ich es hier nicht missen. ...
Etwas Leichteres (Die multimediale neue alte Welt)
I.
Stimmenrinnsale zu Meinungsdriften!
Die Bildschirmwelt fliesst als Netzwerk zusammen -
um die Lücken im Argument
zu den meidbaren Lücken
in der Welt
werden zu lassen
(Sieh was du willst - und:
Was du siehst das erhältst du zurück)
Megaschönheiten ausmachen
anmachen - BLAU
deutelt der Elektronenstrahl
durch die löchrige Maske
sein Bild-noch-ein-Bild
auf die geglätteten Stirnen -
zaubert dir dreiäugig
ein leichteres Universum
als Gegengewicht ins Gehirn
Um die Verstecke
des Durstes nach Narbigem
und der unreinen Nähe der Haut
schief auszuleuchten in Winterlicht?
Um der Schwierigkeit
ungequantelter Küsse
etwas Leichteres
danebenzusetzen
Europa - im weltweiten Netz aufgelöstes Fremdwort
Am Himmel erreicht Galileo Europa
- die Raumsonde den Jupitermond -
als Fussnote im Manifest eines Mythos der Raumzeit -
nicht mehr des griechischen alten
Doch der Stier hat Europa
im irdischen Dasein erneut heimgesucht:
Was kostet das Video der
Massenvergewaltigung
bosnischer Frauen und Mädchen -
bestellbar per Mausklick?
II.
Die Melancholie nach der Rückkehr aus den
Homepages
und den Technodiscos um sieben Uhr morgens -
menschliche Sehnsuchtswüsten
und Traumlandoasen
ergänzen einander perfekt nur im zeitleeren Spaß
PRÄSENT ist Metall-
und Ozongeschmack
der knisternden
jederzeit hellen
Zustimmungsräume
um den verfügbaren
Mit-mach-Altar
Stimmenrinnsale zu Meinungsdriften!
Wenn die Einzelbedürfnisse zu den anderen stossen
um der Verschmelzung beizuwohnen
(pflicht- und erwartungsgemäss)
ergibt sich ein Zittern -
Irritationen der Orientierungslosigkeit -
schillernd -
zu leicht um als Beben zu gelten
aber zu zart
inmitten der universellen Uninformation
um uninformativ zu sein
Um einander schnell
an Scherenschnitte
besser
erinnern zu können?
Um Ego-Reflexe nicht erst zu sehen um
platt elektrisch äusserlich äusserst exakt
ewig-eklektisch in Beziehungsimpulsen
Neuanfänge mit neueren altzuzerhacken
Fremdwort Europa - im Netz aufgelöst
Indes oberflächentreu kartographiert:
THE WORLD ON CD-ROM
Im Himmel
erreicht Galileo Europa -
Für uns bleibt die Welt
beschreibbar als Scheibe