Heute am 12.08.2012 nehme ich teil am Poetry Slam in Fürth, in der Kofferfabrik!
Ich habe eben auf dem Kalender von Myslam.net gesehen, dass das Feld ganz schön hart bestückt ist, u.a. nimmt der Landesmeister Thüringen teil, es wird also auf alle Fälle gute Auftritte geben!
Da bin ich gespannt, wie gut ich da heute Abend mithalten kann, ich bin ja eher Lyriker als Rapper und noch dazu ein Poetry-Slam Greenhorn, denn dies ist erst mein zweiter Auftritt dieser Art! :-)
Ich sehe es aber sportlich, als Sprach-Wettkampf - und denke, dann macht es auch den Zuschauern Spass ... .
Ausgewählt habe ich deshalb für heute bis auf Ausnahmen vor allem sehr anschauliche und offensiv-dynamische Gedichte, oft auch mit deutlich politischer oder gesellschaftskritischer Note.
Hier oben nun die Word-Cloud zu meinen Texten für den Auftritt heute (ohne eventuelle Zugaben)! ;-)
Word-Clouds
sind - neben den QR-Codes - ein in meinen Augen faszinierendes Mittel, um weitere Perspektiven der Textlichkeit zu nutzen ... .Erstellt mit-> Wordle Online.
Manche Themen arbeiten lange im Hintergrund, bevor man sie langsam ans
Tageslicht gewöhnen kann. Was mich derzeit - und dennoch bereits seit
den 1990er Jahren - umtreibt, ist die Frage, wie überhaupt Poesie
der Gegenwart und absehbaren Zukunft aussehen sollte. Woran würde man
sie erkennen? Die Postmoderne ist, egal ob von den 1960ern an gerechnet,
oder erst von den 1980ern an, in die Jahre gekommen. Und damit sicher
auch einige ihrer Methoden. Gleichzeitig spielt die Politik für die
Gesellschaft - und daher auch für die Kunst - seit ca. 4 Jahren wieder
eine größere Rolle.
Aber genügt es wirklich, die politische
Literatur wieder zu beleben oder neu für sich zu entdecken? Muss man
nicht auch Verkrustungen in den Methoden und innerhalb der Perspektiven
der Postmoderne vermuten, die es längst ihrerseits aufzubrechen gilt?
Da
das Thema sehr umfassende Ansprüche mit sich bringt, werde ich in einer
Art und Weise damit umgehen, die ihm selbst entspringt. Wobei also der Umgang mit der Frage Teil einer Antwort sein soll, während immer neu versucht wird, sie zu stellen, kurz: ich
schreibe Lyrik in meinem Sinn. Und ich erstelle nach und nach eine
Liste mit
numerierten Aspekten, die für mich in einer Poetik der Gegenwart und Zukunft eine Rolle spielen sollen.
Hier nun Teil 2 mit dem Titel: Keine Angst vor der Möglichkeit der Gültigkeit von Aussagen! Nachdem
ich letzten Montag bei der Autorengruppe "Wortwerk Nürnberg" wieder mal
vorbeigeschaut habe und mir dort eine Menge guter Tipps &
Anregungen gegeben wurden, manches Lob, aber eben auch wie gewohnt
scharfe Kritik, habe ich sowohl die Gedichte als auch das Video zu "Ouroboros" heute komplett überarbeitet und poste deshalb hier alles nochmal neu.Es kann sein, dass ich die alten Versionen mal lösche, aber im Moment
ist es evtl. interessant beides im Vergleich sehen zu können. Zum einen
sollte sowohl Lyrik als auch Video "entkitscht" werden, zum anderen will
ich dennoch meinen Anspruch, auch Themen, wie z.B. "Ewigkeit", oder
"Unendlichkeit" anzusprechen, nicht aufgeben. Eine schwierige
Gratwanderung. Vermutlich aber der Schlüssel zu einem meiner Anliegen,
mit denen ich seit je her angeeckt bin. :-) Deshalb soll dies hier auch
zu einem zweiten Punkt führen, innerhalb meiner Gedanken zu einer
Poetik der Zukunft. ... Denn, so habe ich mir im grübelnden Nachgang
gesagt, - wieso sollte es den Physikern unproblematisch "erlaubt" sein,
in die Tensoren der Feldgleichungen Albert Einsteins das
Unendlichkeitssymbol einzusetzen (z.B. um daraus die Theorie der
"Schwarzen Löcher" abzuleiten, wie durch Penrose und Hawking geschehen,
aber auch einfach so, aus Jux und Tollerei, durch viele, viele
Physikstudenten), mir als Lyriker soll es aber nicht gestattet sein,
Begriffe wie "Ewigkeit" zu benützen? Die Gefahr, die Physik als allzu
bedeutungsschwanger anzusehen, ist wohl an dieser Stelle geringer??
Sicher nicht!! ... Aber, ich ahne, dass an diesem Punkt die
Auseinandersetzungen nicht enden, sondern gerade erst begonnen haben!
:-) An genau dieser Stelle sehe ich nämlich wieder einmal eine echte
Schwäche und Überholtheit der Postmoderne mit ihrer oftmals zu weit
getriebenen, vorauseilenden Relativierung alles je Sagbaren! Und, so
viel sei auch zum ersten Teil des zweiteiligen Gedichtes gesagt, - ich
sehe es ebenfalls keineswegs als Manko an, ab & zu
"Kalenderblatt-Lyrik" abzusondern, - allerdings kommt es darauf an, sie
möglichst wenig geschwollen klingen zu lassen - und dies ist nicht immer
einfach. Auch hier zeigt reflexartige Kritik meines Erachtens aber nur
wieder, dass die Postmoderne ihre eigenen Dogmen herausgebildet hat,
denen zu oft unhinterfragt gefolgt wird. Auch hier bleibt mein Anliegen
natürlich eine schwierige Gratwanderung, aber dafür auch eine echte
Herausforderung für die Poesie der Zukunft. Es lebe das
Ausrufungszeichen! :-) Und, ich will es eben auch mal versuchen, mit
konkreten eigenen Beispielen zu verdeutlichen, wie ich mir das in etwa
vorstelle. Im gleich nachfolgenden Posting stelle ich deshalb die oben bereits erwähnten, überarbeiteten Gedicht-Versionen in den Blog ein.
Ein kleiner deutschsprachiger Pressespiegel vom 04.04.2012:
"In dem Gedicht Was gesagt werden muss greift Literaturnobelpreisträger Günter Grass Israel scharf an." (STERN)
"Eine Erläuterung: Was Grass uns sagen will." (FAZ)
"Grass-Gedicht schlägt hohe Wellen auf Twitter" (DIE WELT)
"Günter Grass. Der Antisemitismus will raus." (DIE ZEIT)
"Das neue Gedicht des deutschen Literaturnobelpreisträgers erregt die Gemüter." (NZZ)
"Lyrischer Erstschlag geführt: Grass schlägt hohe Wellen." (n-tv.de NACHRICHTEN)
... und so weiter und so fort.
Weil ohnehin alle was dazu schreiben, werde ich hier fast ausschließlich eine verkürzte Einschätzung abgeben. Und zwar eine, die sich eher auf den poetischen Aspekt konzentriert.
Nur wenig also von meiner Seite inhaltlich dazu. Inhaltlich bewegt sich Grass mit einer derart scharf formulierten Israel-Kritik als deutscher Schriftsteller von Weltrang auf bekanntermaßen vermienten Terrain. Nur so viel, als logische Denkschule für mainstream-trotzende Hobby-Echauffeure: Nicht Israel äußert seit Jahrzehnten, den Iran vernichten zu wollen, sondern es ist anders herum. Dies kann die Brutalität der Israelis gegenüber den Palästinensern nicht aufwiegen - aber sollte man es denn überhaupt derart "aufwiegend" denken, oder ist das nicht schon wieder die typisch-emotionale Aufreger-Falle? Also: Nein. Ich finde es kurz unsäglich überflüssig, sich inhaltlich auf einer solchen geistigen Discount-Ebene überhaupt mit diesem Grass-Gedicht auseinander zu setzen. Weil das Gedicht als Instrument zur Vermittlung von Inhalten gedacht ist, tappt man leider leicht und schnell in diese Falle. Stattdessen der Versuch einer Mikrorezension, die sich aufs Literarische konzentriert. Und zwar ohne Umschweife gleich auf die größten Schwachpunkte in dieser Hinsicht.
Hier das Gedicht im Wortlaut auf den Seiten der Tagesschau:
Die Abschlussstrophe des Gedichts ist auch gleichzeitig der poetisch schwächsteTeil. Wobei das gesamte Gedicht literarisch ein Rohrkrepierer ist, der als politischer Essay sicher noch halbwegs Sinn machen hätte können. Zumindest literarisch. Aber als Gedicht geht es so nicht. Es wirkt bräsig, unintellektuell, obwohl es Intellektualität und Wendigkeit mimt. Die Sprache ist der Tageszeitung entnommen und unangenehm gepaart mit einem hymnischen Tonfall, der es wohl doch noch irgendwie als Gedicht retten soll.
"(...)
Nur so ist allen, den Israelis und Palästinensern, mehr noch, allen Menschen, die in dieser vom Wahn okkupierten Region dicht bei dicht verfeindet leben und letztlich auch uns zu helfen."
Auch hier halte ich mich gar nicht lange beim Zitierten auf. Ich denke selber sogar, dass seit wenigen Jahren die Zeit für politische Poesie weltweit so reif wie lange nicht ist! Aber man lese diese zitierten Zeilen in Ruhe durch; man spreche sie probehalber einmal laut!
Nun; grauenhaft! - Dieses Gedicht ist literarisch schmerzhaft unausgegoren und schlicht sprachlich unüberarbeiteter Schrott! Natürlich, man kann dies auch als Stilmittel ansehen. Der Dichter bei einer moralischen Notdurft, das Gesicht ist schmerzverzerrt. Ich hoffe für Grass, dass es so gemeint ist. ...
Mich erinnern diese Zeilen in ihrer Schmerzhaftigkeit und tonfälligen Mühsamkeit im Abarbeiten des Sagen-Müssens aber eher an die geschraubten späten DDR-Gedichte eines J.R. Becher, - seine "Stalin-Oden" -, oder an die verkrampften Versuche von B. Brecht, die russische Diktatur zu verteidigen (da, wo Brecht z.B. etwas verschwurbelt einmal gemeint hat, dass "jene Diktaturen unterstützt und ertragen werden müssen, die ihre eigenen Wurzeln ausreißen").
Nein. Egal, was Günter Grass bereits von Weltrang geschrieben hat: Dieses Gedicht gehört nicht dazu. Auch wenn jetzt alle so ausgiebig darüber schreiben und intensiv darüber nachdenken ... . Tintenfische tauchen nicht immer tief, aber manchmal taugt ihre Tinte dem Bluff oder der geistig-literarischen Hochstapelei.
Mit einem wirklich guten Titelzeilen-Zitat ausgerechnet aus der Financial Times Deutschland beende ich deshalb diesen Exkurs über den feuilletonistischen Zustand der Nachkriegsliteratur in den Köpfen ihrer einstigen Leistungsträger, in dem sich meine Enttäuschung über Grass mit dem Ärger über den Zustand der politischen Lyrik in Deutschland insgesamt mischt. Der (im Artikel unnötigerweise ungenannte) sehr feinsinnige Rezensent der FTD erkennt in dem "peinlich-pathetischen und vor allem eitlen Gedicht" vor allem dies hier schlagzeilenartig:
"Grass vertrommelt sich" (Graumann-Zitat in der FTD als Titelzeile)
PS: EDIT vom 07.04.2012. Drei lange Tage der Kakofonie in deutschen Medien hat es nun gedauert. Der Dreck flog allerorten und überall hin. Grass durfte seine popelitische Poesie sogar im Fernsehen vorlesen (Guckt mal, ich bin wieder in Fernsehen - wobei, das könnte man von Thomas Gottschalk auch sagen!):
Dennoch. Jetzt haben es nach mehren Tagen und vielen Kommentaren auch andere bemerkt. Das Gedicht ist Schrott. Endlich ist es "erlaubt", es auszusprechen. Einen ähnlich scharfen Kommentar auf WELT Onnline von mir haben sie drei mal in verschiedenen Varianten raus gelöscht. Andere Tintenfische dürfen es nun aber doch einmal so deutlich sagen, - wenn auch nur solche Tintenfische mit vornehmen Namen wie Ranicki, Biermann, etc. ...
O-Ton Marcel Reich-Ranicki laut SPIEGEL: Das Günter Grass Gedicht sei "politisch und literarisch wertlos".
"Eine Dichtung ist das nicht. Es ist eine
beleidigende Aufschneiderei, dass Günter Grass seine stümperhafte Prosa
am Ende auch noch zerstückelt hat, dass er uns seine Satzfetzen
untereinander setzte und der Menschheit nun verkauft als freie Rhythmen,
als reimlose Lyrik. Das ist eine literarische Todsünde. Von Romanen verstehe ich
wenig, zu wenig. Aber was ein Gedicht ist, das merke ich auch dann, wenn
es in einer Manier geschrieben ist, die mir fremd ist oder mich sogar
ärgert! Der Wutanfall von Grass aber ist kein Gedicht, sondern ein
Gedacht, egal ob er falsch oder richtig, egal ob er tief oder flach
gedacht hat."
Na, wie dem auch sei. Anders sehe ich es auch nicht. Hier einer der wenigen Kommentare von mir dazu, den die rechtskonservative WELT Online nicht gelöscht hat, er ist vom 05.04.2012 und frisst Kreide, damit er nicht wieder gelöscht wird:
"Was mich wundert, ist, dass praktisch alle sich auf die sicherlich verschwurbelten und fehlerhaften Gedankengänge von Grass konzentrieren. Ich habe das Gedicht gestern morgen in der Süddeutschen Zeitung gelesen und war erst einmal davon abgestoßen, weil es mich literarisch so enttäuscht hat! Grundsatz für einen Poeten - und ich bin selber einer - muss doch sein, dass man sich vorher fragt, welche literarische Form angemessen sei. Für seine Inhalte wäre zweifelsohne ein politischer Essay sinnvoller gewesen. Als Gedicht und derart sprachlich unbearbeitet und holprig muss dieser Text (zumindest poetisch) versagen. Dass er es auch inhaltlich tut, fiel mir tatsächlich erst beim zweiten Lesen auf!"